AUSBLICK MIT WEITBLICK

Am Anfang stand ein leckender Pool. Dann kam Corona. Kurz darauf fuhren in Maria Taferl schon die Bagger vor. Heute erstrahlt das Hotel Schachner in frischem Glanz. Das Sprichwort, dass man Krisen als Chancen begreifen sollte, stimmt manchmal doch.

Text: Wolfgang Schedelberger; Fotos: Otto Michael

Zimmer mit guten Aussichten: Michaela Schachner spielt mit der ferngesteuerten Fensterjalousie.

Das beste Marketing kommt oft von den Gästen selbst. Und zwar ganz ohne Aufforderung. Selfies von Badespaß im Pool im letzten Stock des Hotels Schachner gehen seit der Neueröffnung viral. Viele Gäste kommen aufgrund von Empfehlungen von Freunden. Stammgäste schauen oft mehrmals im Jahr vorbei. Der neue Wellness-Bereich samt Panorama-Pool spielt bei der Buchungsentscheidung oft die entscheidende Rolle. 

Fünf Stockwerke darunter ist der Blick auf die Donau und weit ins Alpenvorland hinein ebenfalls spektakulär. Hier befindet sich das Restaurant samt Gartenterrasse, das auch bei auswärtigen Gästen extrem beliebt ist. Seit 1995 ist es vom Gault & Millau durchgehend mit Hauben ausgezeichnet. Das war ein persönliches Ziel von Michaela Schachner, als sie hier – frisch verheiratet – als 21jährige Küchenchefin angefangen hat. 

«Der Zeitplan für den Umbau war sehr ambitioniert, aber wir haben es geschafft.»

Laufende Erweiterungen und Renovierungen

Das Geschäft lief auch außerhalb des Restaurants sehr gut, also wurde im Laufe der Jahre viel investiert. Das benachbarte Haus „Zum guten Hirten“ konnte erworben und in den bestehenden Betrieb integriert werden. Ein weiteres Haus in unmittelbarer Nähe wurde zu einem kleinen Hotel mit Seminarzentrum umgebaut. Dazu wurden laufend kleinere und größere Renovierungen im Stammhaus vorgenommen. Fast immer war das Architekturbüro Lorenz aus der Wachau für die Planung und die Projektabwicklung dabei. 

Vier Jahre nach dem überraschenden Todesfall von Michaelas Ehemann stieg ihr ältester Sohn Ferdinand IV. im Jahr 2017 in die Geschäftsführung ein. Seine Frau Marie, die ebenfalls aus einer Gastronomie-Familie stammt, ist – neben ihrer Rolle als Mutter – auch in die operative Leitung des Unternehmens involviert. „Kleinere“ Investitionen wie der Umbau des Office-Bereiches oder des Mitarbeiterhauses wurden quasi nebenher erledigt. Ein leckender Pool stellte also keine außergewöhnliche Herausforderung dar, auch wenn dessen exponierte Lage im letzten Stock des Hauses die geplante Sanierung komplizierte. Es kam anders.  

Angefangen hat Michaela Schachner als Küchenchefin, heute sieht sie ihre wichtigste Aufgabe draußen bei den Gästen.

«Mit dem Panoramapool und dem Wellness- bereich sind wir jetzt ganzjährig attraktiv geworden.»

2020: Ein Jahr der Entscheidungen

Der Ausbruch von Corona im Frühjahr 2020 und die damit einhergehenden Reisebeschränkungen sowie den Zwangs-Schließungen von Hotellerie und Gastronomie hatte bei den Schachners zu langen Diskussionen geführt. Sie liefen jedoch anders ab, als bei vergleichbaren Betrieben. Nach der ersten Schließungswelle im Frühjahr 2020 folgte ein äußerst erfolgreicher Sommer. Wir erinnern uns: Auslandsreisen waren nur sehr eingeschränkt möglich, der Sommer war prächtig und alle hatten Lust, endlich aus den eignen vier Wänden heraus zu kommen. Die Schachners hatten alle Hände voll zu tun, doch das Problem mit dem Indoorpool im letzten Stock blieb bestehen. Mit Herbstbeginn zeichnete sich in Österreich eine neuerliche Schließung von Gastronomie und Hotellerie ab. Was sollte man machen?

„Mein Sohn wollte den Winter 20/21 dazu nutzen, einen großen Umbau zu machen. Ich war skeptisch. Der Zeitraum erschien mir viel zu kurz. Wir hatten weder einen fertigen Plan noch irgendwelche behördlichen Bewilligungen, die in der Regel Monate wenn nicht gar Jahre dauern. Wir hatten ja reichlich Erfahrung damit. Außerdem erschien mir die Finanzierung eines derartigen Großprojekts in solch volatilen Zeiten zu riskant“, erinnert sich Michaela Schachner an diese hektische Zeit. Schlussendlich hat sie sich jedoch den Wünschen der nächsten Generation gebeugt: „Es geht um ihre Zukunft. Auf diesem Weg will ich sie unterstützen. Trotzdem hatte ich Bauchweh.“

Die große Lösung wird gewählt

Es war hilfreich, dass Architekt Rupert Lorenz das Haus bereits seit vielen Jahren sehr gut kannte. Somit konnte die Planungsphase deutlich beschleunigt werden. Die damals noch sehr niedrigen Zinsen erleichterten die Erstellung eines Finanzierungsplans. Die Behörden hielten sich an das von der Politik gegebene Versprechen, neue Bauprojekte trotz Kurzarbeit und Homeoffice in der Verwaltung mit rascher Erledigung von Genehmigungen nicht unnötig zu behindern. Auch zahlte es sich aus, dass man über viele Jahre ein sehr gutes Verhältnis mit den Nachbarn gepflegt hatte.

Die angestrebte „große“ Lösung betraf nicht mehr die Erneuerung des Pools, sondern sah die Aufstockung des Hauses um eine weitere Etage vor, wodurch der Pool ein Stockwerk weiter nach oben rückte. Das bedeutete schlussendlich jedoch den kompletten Abriss und Neubau des mittleren der drei Häuser, die bis dahin das Hotel gebildet hatten. Wenn man sich Bilder der Umbauarbeiten anschaut, glaubt man kaum, dass dies innerhalb von sieben Monaten erledigt werden konnte. „Der Zeitplan war sehr ambitioniert aber wir haben es geschafft, wobei ich die eine oder andere Nachtschicht einlegen musste. Rückblickend betrachtet war es jedenfalls die absolut richtige Entscheidung, weil das Hotel im Sommer 2021 wieder aufsperren konnte“, erinnert sich Rupert Lorenz. Der zweite, deutlich längere Lockdown im Winter 2020/21 wurde optimal genutzt. Einige Planungsdetails wurden noch während der Abbruchphase geändert. Schlussendlich ist jedoch alles gut gegangen.

Ein Urlaubsort für Österreicher

Seither läuft alles wieder in gewohnten Bahnen, nur ein bisschen besser und exklusiver. „Mit dem Panorama-Pool und dem großzügigen Wellness-Bereich im vierten Stock sind wir jetzt ganzjährig attraktiv geworden. Die Auslastung im Herbst und Winter ist deutlich gestiegen“, berichtet Michaela Schachner. Dank der neu errichteten Zimmer und Suiten konnte auch das Angebot im oberen Preissegment deutlich erweitert werden. Was dabei besonders erfreulich ist: Der Großteil der Buchungen – fast durchwegs Individualgäste – erfolgt über den Booking-Engine auf der eigenen Website. Hohe Vermittlungsprovisionen wie sie auf Booking & Co üblich sind, spielen hier praktisch keine Rolle.

„Im Sommer kommen auch ein einige ausländische Gäste vorbei, die in der Nähe zur Wachau ein familiäres Urlaubshotel suchen. Das restliche Jahr hindurch haben wir jedoch fast nur einheimische Gäste, die individuell anreisen. Radfahren ist für alle Altersgruppen ein Riesenthema geworden, seit man mit den modernen E-Bikes auch die Anstiege problemlos meistern kann. Unter der Woche profitieren wir von den modernen Seminar-Räumen, die wir erst vor wenigen Jahren auf den modernsten Stand gebracht haben“, umschreibt Michaela Schachner die breite Angebotspalette. Die benachbarte Wallfahrtskirche, die Jahrhunderte lang der Hauptgrund dafür war, das Fremde Maria Taferl einen Besuch abgestattet haben, spielt für die Nächtigungen nur noch eine untergeordnete Rolle.

Harmonische Rollenverteilung gefunden

Die Frage nach dem Erfolgsgeheimnisses eines Vorzeige-Betriebs ist oft wenig zielführend, weil man zumeist nur Standardfloskeln zur Antwort bekommt. Ja, die Schachners sind tüchtig, die Mitarbeiter werden respektvoll behandelt, die Familie hält zusammen, …

Hier haben wir jedoch etwas erfahren, das wirklich bemerkenswert ist und auch für andere Familienunternehmen interessant sein könnte: Seit Jahren kommt einmal im Monat eine externe „Mediatorin“ ins Haus, um einen ganzen Tag lang, eine familiäre Klausur zu „moderieren“. Das ist nicht nur für die familiäre Psycho-Hygiene wichtig, sondern hilft auch dabei, das Unternehmen erfolgreicher zu führen, weil Entscheidungen besser vorbereitet und dann tatsächlich gemeinsam getroffen werden. So gelingt es den Schachners, dass vier Generationen (Ferdinand IV. und Marie haben drei Kinder, darunter auch einen Ferdinand V.) harmonisch nebeneinander und miteinander leben und optimistisch in die Zukunft blicken können.

Derzeit teilt sich Michaela Schachner die Geschäftsführung mit Sohn Ferdinand IV. und seiner Frau Marie.

«Einmal im Monat gehen wir als Familie in Klausur.»

Solarpaneele oben, Erdwärme von unten – ein nachhaltiges Energiekonzept gehört dazu.
Vertrauen entwickelt sich über die Jahre – Michaela Schachner und Rupert Lorenz kennen sich schon sehr, sehr lange.

wer & wo

Hotel Schachner

3672 Maria Taferl 24