Wenn Albert Neumeister von der Saziani Stub’n spricht, erzählt er mehr vom „Saziani-Weg“ als vom Restaurant selbst. Heuer im Mai feierte die Familie Neumeister einen runden Saziani-Geburtstag: 35 Jahre. Das ist schon ein stattlicher Zeitraum, und es ist auch ziemlich viel passiert in diesen 35 Jahren. Als Gastronomen haben Anna und Albert mit einer Buschenschank begonnen. Das war 1987. Wobei, das stimmt eigentlich nicht ganz. Bereits 1969 hatten die Eltern die Riede Saziani in Straden übernommen und mit einem kleinen Buschenschank im Weinberg gestartet. Irgendwann stand dann die Entscheidung an, den Buschenschank entweder zu schließen oder aufs Ganze zu gehen und einen echten Gastronomiebetrieb auf die Beine zu stellen. Albert Neumeister entschied sich für Letzteres. Mit ihrer Vision von Gastlichkeit und höchsten Qualitätsansprüchen haben sie einen Weg beschritten, der nicht für jedermann verständlich und nachvollziehbar war. Gläser von Riedel, damals das Nonplusultra im Bereich der gehobenen Tischkultur, in der Buschenschank? Das musste von den Gästen erst einmal verdaut werden. Ebenso die Käseauswahl. Über dreißig Sorten, sorgfältig ausgesucht, großteils von regionalen Käsereien, aber auch Berg- und Räßkäse aus Vorarlberg. Und das zu einem Zeitpunkt, zu dem auch bei den großen, sprich damals hoch bewerteten Restaurants des Landes, das Käsesortiment eher überschaubar war. Die Neumeisters waren mit vielem einen Schritt voraus. Daran hat sich bis heute nichts geändert. Aber dazu kommen wir noch.
Anna und Albert Neumeister gefiel die Gastgeberrolle jedenfalls, und der Traum wurde größer. Als 1999 das neue Weingut bezogen wurde, nutzten die beiden die Gelegenheit und eröffneten oben, im historischen Winzerhaus des Weinguts unterhalb der Ried Saziani, im Jahr 2000 die Saziani Stub’n. Und als Christoph Neumeister, der Sohn der beiden, die Führung des Weinguts endgültig übernahm, nutzte Albert Neumeister auch diese Chance und wurde zum Patron der Stub’n.
Die Geschichte des Restaurants ist eng mit den Namen einiger ehrgeiziger, junger Köche (und deren Karrieren) verbunden: etwa Gerhard Fuchs, der 2005 von Gault&Millau zum „Koch des Jahres“ gekürt wurde, Jürgen Kleinhappl, Klaus Kobald und natürlich Harald Irka, der in der Saziani Stub’n mit 18,5 Punkten schon hörbar an der fünften Haube gekratzt hat. Nachdem mit Walter Triebl der Letzte in der Riege dieser Köche in einen anderen Betrieb wechselte, machte Albert Neumeister aus der Not eine Tugend und ließ ein ganzes Team ans Werk. Thomas Hofmarcher, Manuel Ulrich, Filip Jug und Marcel Frei kochten Seite an Seite, hierarchiefrei und vor allem kreativ. „Auf Augenhöhe“, wie Albert Neumeister das gerne nannte – und immer noch nennt. Er konnte zufrieden sein. Die Gäste waren es jedenfalls.
Im Sommer entschied sich der Patron dann doch dafür, einen neuen Küchenchef an Bord zu holen: Christoph Mandl. Mandl hat die letzten zwölf Jahre seines Berufslebens im Taubenkobel gekocht. Zuerst an der Seite von Walter Eselböck, dann als rechte Hand Neumeis von Alain Weissgerber. Und er versteht sein Handwerk. Beim „Transfer“ von Christoph Mandl von Schützen nach Straden hatte – dem Vernehmen nach – Paul Ivic seine Hände im Spiel. Die Familie Neumeister besuchte ihn im Wiener Tian und sie kamen ins Gespräch. Das war der Anstoß.
Das Menü in der Saziani Stub’n – im Moment heißt es „Herbstgewitter“ – wurde behutsam verändert. Die Grüße aus der Küche sind eine Hommage an die Herrlichkeit des Herbstes. Rote Rübe, Zwiebel, Lauch. In unterschiedlichen Formen, Farben, Temperaturen und Konsistenzen. Ein schöner Start. Danach Gänge, die in Erinnerung bleiben, die aber auch eine Handschrift tragen, die auf Mandls Herkunft hinweist. Der Hecht zum Beispiel. Als form- und texturvollendetes Nockerl mit Topinambur und Beurre Blanc. Nur das. Mehr als das braucht es aber nicht. Oder der Hauptgang – die Taube. Ein Teller, der seine Taubenkobelwurzeln sehr deutlich zeigt. Trotzdem ist da mehr am Teller als nur Brust und Haxerl. Präzision und Eleganz, Fokus auf das Produkt. Die Taube kommt von einem bewährten Züchter im Burgenland, die Feige vom Feigenbaum, der gleich hinter der Außenwand der Küche steht. Andere Gänge begeistern nicht weniger. Das Beuscherl, das Mandl auf Wunsch als Zwischengang aus der Küche schickt, ist eine Zierde seiner Art. Angesetzt mit einem Gemischten Satz 2019 aus dem Sazianikeller. Demselben Wein, der später zum Gericht serviert wird. Ein unvergessliches Beuschelerlebnis. Christoph Mandl hat in der Saziani Stub’n eine solide Basis, an der er ansetzen kann. Er wird Ideen und seine eigene Linie einbringen. Es wird trotzdem der Saziani-Weg mit Neumeister-DNA sein, und es wird gut werden.
Dass Christoph Neumeister das südoststeirische Weingut auf biologische Bewirtschaftung umgestellt hat, ist längst kein Geheimnis mehr. Mittlerweile ist das EU-Bio-Logo auf den Etiketten der besten Lagenweine zu finden. Was aber im Weinbau immer stärker Fuß fasst, ist in der Gastronomie noch ein zartes Pflänzchen. Zertifizierte (und damit per Kontrollvertrag überprüfte) Bio-Restaurants gibt es – im Verhältnis – immer noch recht wenige. Seit zwei Jahren sind die Saziani Stub’n und ihre umliegenden Gärten biozertifiziert. Das bedeutet im Restaurantbetrieb jährliche Kontrollen in Bezug auf Warenfluss, Dokumentation, Kennzeichnung und das Lager. Es bedeutet aber auch, dass in der Küche Eberraute, Malven, Mispeln, Knoblauch, Feigen, Mariendistel, verschiedene Minzen und Melissen, Schildampfer, Lavendel oder Borretsch in herausragender Bio-Qualität zur Verfügung stehen. Für Anna und Albert Neumeister ist der Schritt in Richtung Bio ein enorm wichtiger. Den Garten zeigen sie dabei ebenso stolz wie die Bio-Zertifikate, die ihr Tun belegen.
Last, but not least: Bio ist weit mehr als eine Philosophie. Es ist auch eine Community. Eine, in der sich die Neumeisters auch sichtlich wohlfühlen. Jedenfalls lernten sie Corinna und Michael Knaller vom Biohotel Gralhof am Weissensee kennen. Und damit auch Clara Aue, die mit zwei Hauben bewertete Newcomerin des Jahres in der vorigen Ausgabe des Gault&Millau. Mit einer gemeinsamen Kochsession am 3. Dezember schließt die Familie Neumeister die Veranstaltungsreihe rund um den 35. Geburtstag der Saziani Stub’n ab. Drei Gänge von Christoph Mandl, drei von Clara Aue. Man darf gespannt sein.
"Den Weg weitergehen, ein Restaurant gestalten, das an zu Hause erinnert, das Ruhe ausstrahlt und Sicherheit gibt."
Christoph Mandl über seine Pläne
Geradlinig, schnörkellos und unglaublich gut. Die Gerichte von Christoph Mandl und die Schnäpse des Hauses.
Der Blick von der Ried Saziani auf Straden – umwerfend.
8345 Straden 42
www.neumeister.cc