Der letzte Besatzungssoldat war gerade einmal ein halbes Jahr zuvor abgezogen, da haben sich ein paar Gastronomen zusammengesetzt und den „Bund Österreichischer Gastlichkeit“ gegründet. Sechzig Jahre später war es mit der „BÖG“, die inzwischen in „Beste Österreichische Gastlichkeit“ umgetauft worden war, wieder vorbei. Was wir daraus lernen? Vereinigungen sind nicht für die Ewigkeit gemacht. Sie entstehen, weil es gemeinsame Anliegen gibt, für die man sich zusammentut. Engagieren sich tatkräftige Mitglieder entsprechend, können solche Vereinigungen viel bewegen. Zu seinen besten Zeiten hatte der BÖG rund 400 Mitgliedsbetriebe, die sich für die Entwicklung von gemeinsamen Qualitätsstandards einsetzten. Noch lange bevor Gault Millau überhaupt gegründet wurde, war der BÖG-Guide der erste Lokalführer Österreichs, in dem jeder Betrieb seine Speisekarte abdrucken konnte. Das Internet gab es schließlich noch nicht.
Den eigenen Betrieb mit einem Gütesiegel auszeichnen zu lassen und diesen dann für Werbezwecke zu verwenden kann durchaus Sinn machen. Es ist halt eine Frage der Kosten und des Nutzens. Sich von Medien ranken zu lassen (Koch des Jahres, 50 Best, 100 Best Chefs, Top-Wirt-Sieger ...) ist ehrenvoll, doch ob das bloße Anbringen einer Plakette neben der Eingangstür tatsächlich schon für höhere Umsätze sorgt, darf bezweifelt werden. Es kann aber dabei helfen, die eigene Medienpräsenz zu erhöhen, damit man „im Gespräch“ bleibt. Solche Auszeichnungen sind in der Regel kostenfrei.
Die Mitgliedschaft bei regionalen Vereinigungen wie etwa den in vielen Bundesländern bestehenden „Wirtshauskulturen“ kostet nur ein paar hundert Euro im Jahr, weil es sich dabei um gemeinnützige Vereine handelt, die vom jeweiligen Bundesland mehr oder weniger großzügig gefördert werden. Hier gilt oft das Motto „Nutzt’s nichts, schadet’s nichts“.
Will man Teil einer starken internationalen Marke werden, kostet das deutlich mehr, doch es kann auch wesentlich mehr bringen – vor allem dann, wenn man auch internationale Gäste gewinnen möchte. Am bekanntesten ist hierzulande die 1954 in Frankreich gegründete Vereinigung Relais & Chateaux, die zunächst nur luxuriöse Hotels umfasste. Der Mitgliedsbeitrag richtet sich nach der Bettenzahl, ein niedriger fünfstelliger Betrag wird jedoch allemal fällig. Seit rund 20 Jahren können bei Relais & Chateaux auch Restaurants ohne Übernachtungsmöglichkeit mitmachen, wenn sie im Luxussegment angesiedelt sind und in renommierten Gastronomieführern entsprechend hoch bewertet sind. In Österreich waren zur besten Zeit bis zu 20 Betriebe bei Relais & Chateaux dabei, heute sind es nur mehr acht – vom Arlberg bis zum Neusiedler See. Der gedruckte Guide ist als Marketing-Instrument immer weniger wichtig geworden, der Internet-Auftritt und die eigene Buchungsplattform dafür immer mehr.
Für den erfolgreichen Multigastronomen Toni Mörwald sprechen auch andere Aspekte für eine Mitgliedschaft bei Relais & Chateaux, die er zuerst nur als
Restaurant mit dem Kloster Und, später mit seinem Restaurant Toni M. und schlussendlich auch mit seinem vor fünf Jahren eröffneten Hotel am Wagram wahrgenommen hat. „Man ist Teil eines internationalen Netzwerks, von dem man enorm profitieren kann, wenn man das möchte. Ich hatte so die Möglichkeit, gemeinsam mit den berühmtesten Köchen dieser Welt exklusive Abende zu bestreiten, bei denen ich mich und meine Marke bei einem Publikum bekannt machen konnte, das mich noch heute exklusiv als Koch bucht oder bei einem Österreich-Aufenthalt extra nach Feuersbrunn kommt“, erklärt Mörwald.
Ausschließlich der Gastronomie widmet sich die 1954 in Paris gegründete Vereinigung Grandes Tables du Monde. Zumindest zwei Michelin-Sterne sind für die exklusive Mitgliedschaft Voraussetzung – zumindest theoretisch, denn nicht in allen Ländern ist Michelin mit einem Guide präsent. In Österreich dürfen acht Luxusrestaurants zwischen Ischgl und Wien die golden glänzende Plakette im Entrée präsentieren.
Vollständige Reportage im Heft #89.
2013 war die BÖG-Welt noch in Ordnung. Präsident Toni Mörwald (M.) präsentiert gemeinsam mit den beiden Koch-Legenden Helmut Österreicher (l.) und Werner Matt (r.) das Österreich-Menü.
Toni Mörwald
Benjamin Parth bei der Aufnahme bei Les Grandes Tables du Monde mit Präsident David Sinapian
Dass sich auch kleinere regionale Netzwerke trotz jahrzehntelanger Erfolge immer wieder hinterfragen müssen, um den wechselnden Anforderungen der neuen Zeit gerecht zu werden, zeigt ein Blick auf die „Kärntner Spargelwirte“.
Der neue JRE-Präsident Richard Rauch mit den neuen Mitgliedern
Richard Rauch