Gesellschaftlichen Wandel gibt es immer, das liegt in der Natur der Menschen. Auch ohne die monatelangen Schließungen hätte es Ver- änderungen gegeben. Manches wurde vielleicht beschleunigt. Dass das Mittagsgeschäft in fast allen Restaurants zurückgehen wird und dafür vielfältige „Snack-Konzepte“ im Kommen sind, die sich nicht auf den Zeitraum von 12 bis 14 Uhr beschränken, war schon länger zu beobachten. Schärfer gefasste Konzepte und eine noch akzentuiertere Inszenierung, die den Erlebnis-Charakter eines Lokalbesuchs stärken, sind gefragt. Wenn es nur um die Nahrungsaufnahme geht, bekommt die Gastronomie von vielen Seiten zunehmend Konkurrenz. Zuallererst ist die Systemgastronomie mit Filialen – oft in Franchise-Partnerschaften – zu nennen. Auch der Lebensmittelhandel mit seinem erweiterten Angebot an frisch gemachten fertigen Speisen sowie Bäckereien fischen in diesem Teich. Dann drängen zeitgemäße Formen des Imbisses wie etwa Foodtrucks oder Zustell- dienste in diesen Bereich. Selbst Vending-Automaten mit mehr oder weniger frischem Essen werden aufkommen. Der Preis spielt dabei eine geringere Rolle als die Geschwindigkeit und Einfachheit der Abläufe. Die Rolle der Gastronomie als gesellschaftlicher „Klebstoff“, wo man Freunde, aber auch fremde Menschen trifft und sich unterhält, wird bleiben und wahrscheinlich noch stärker werden, aber das findet zumeist am Abend statt.
Ja, dieser Trend lässt sich weltweit beobachten. In ausgeprägten Urlaubsregionen wie den Alpen und in touristischen Städten wie Salzburg oder Wien wird es wohl auch weiterhin Nachfrage nach Mittagsrestaurants mit mehrgängigen Menüs geben, wo auch Alkohol getrunken wird, aber das werden zunehmend Nischen für Touristen sein. Bis der Städtetourismus wieder die Übernachtungszahlen von vorher erreicht, wird es wohl noch dauern, und das spürt natürlich auch die Gastronomie in den Städten, nicht nur die Hotelrestaurants selbst. Leichter haben es die Betriebe in den ländlichen Urlaubsregionen, weil sich dort die Nächtigungszahlen auch ohne Gäste aus Übersee schnell erholen werden. Selbst wenn die Beschränkungen für Fernreisen fallen, werden diese nicht auf ein Niveau wie vor der Pandemie steigen und Fahrten mit dem eigenen Auto zunehmen. Da spielen unterbewusste Sicherheitsüberlegungen eine große Rolle: Wenn man muss, kann man jederzeit selbst wieder nach Hause fahren. Davon kann der österreichische Tourismus stark profitieren – übrigens nicht nur mit deutschen Gästen.
Die Digitalisierung macht viele Abläufe effizienter und schneller. Davon profitieren nicht nur die Kunden, sondern. Auch im digitalen Marketing hat sich viel dauerhaft verändert. Take-away und Delivery werden als Ergänzung zum regulären Geschäft vor allem untertags wichtig bleiben. Gleichzeitig ist die Lust auf menschliche Begegnungen ein Grundbedürfnis, das ein Zusteller nicht erfüllen kann. Die Rolle der Gastronomie als Ort von Begegnungen wird also bleiben und meiner Meinung nach sogar noch wichtiger werden. Einen Gastgeber kann man nicht auslagern. Ein aufrichtiges Lächeln lässt sich nicht digitalisieren.
Gut eineinhalb Jahr lang musste Pierre Nierhaus seine gastronomischen Trendtouren in die aufregendsten Metropolen der Welt aussetzen. Ab September geht es mit zwei Workshops in Kopenhagen wieder los. Falls es rechtlich möglich ist, soll es vor Jahresende noch nach London und Amsterdam gehen.
Ebenfalls mit einem Fragezeichen versehen sind die schon terminisierten Trendexpeditionen nach Miami (Anfang Oktober) und Singapur (Anfang November). Ob sie tatsächlich in der geplanten Form stattfinden können, lässt sich zum heutigen Zeitpunkt noch nicht endgültig sagen.
Die ersten Wochen der Pandemie im Frühjahr 2020 nutzte Pierre Nierhaus, um sein kurzweiliges Buch „Echt freundlich“ zu verfassen. Es handelt sich um einen praktischen Ratgeber für ein erfolgreiches Projekt-Management, bei dem sich Nierhaus nicht nur auf die Gastronomie bezieht.
„Echt freundlich“ ist um 29,90 Euro im Buchhandel oder auf Amazon erhältlich.