MUH PRO PAGANDA

Rindfleisch aus Österreich hat in den vergangenen Jahren eine beachtliche Qualitätssteigerung hingelegt. Hier unser zeitgeistiger Report dazu.
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Eine der innovativsten Rinderzuchten Europas mit ökologischer Kreislaufwirtschaft : Das Bullinarium im Südburgenland
Foto: Hallers

Und es zeigt sich: Das beste Fleisch stammt von glücklichen Rindviechern, die ohne Stress heranwachsen können. Muuuuuhhhh!

Seit Anfang Mai sind die Rinder wieder oben auf der Alm. Etwas unterhalb vom Kitzbüheler Horn auf gut 1.400 Metern Seehöhe verbringen sie ihren Sommer. Jahr für Jahr treibt Hans Schwaiger seine 70 Limousin-Rinder vom Rettenwandhof hinauf auf die Reisenbergalm. Hier finden sie jene saftigen Gräser und Wiesenkräuter, die für den späteren Geschmack des Rinds eine große Rolle
spielen. Früher, da wurden die Rinder ausschließlich wegen der Milch gehalten, erzählt Schwaiger. Melkvieh sagt man dazu. 2005 hat die Familie, die bereits seit vier Generationen den Rettenwandhof oberhalb von Fieberbrunn bewirtschaftet, auf Mutterkuhhaltung umgestellt. Der
Fokus ging weg von der Milch und hin zu einer reinen Fleischzüchtung.

Was damals noch eine Ausnahme darstellte, sieht man heute immer öfters auf den heimischen Wiesen und in den Ställen: Angetrieben von der stetig wachsenden Popularität von Steaks und dem daraus resultierenden Trend der Steakrestaurants, gewinnen die Fleischrinderrassen in Österreich an Bedeutung. Und genau dieser Umstand sorgt letztendlich auch für eine wachsende Qualität des österreichischen Rindfleischs. Das merkt selbst eine verhältnismäßig kleine Zucht wie der Rettenwandhof. „Das Qualitätsbewusstsein der Kunden steigt stetig. Fleisch aus Österreich muss sich heute nicht mehr hinter Spezialitäten aus Argentinien, Brasilien, Australien oder den USA verstecken“, sagt Schwaiger.

Jede Rasse hat ihre Vorzüge
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Lukas Michlits vom Demeter-Hof Meinklang in Pamhagen – bekannt für seine herausragenden Weine – hält auf 230 Hektar Weideland an die 800 Rinder der Rasse Aubrac.
Foto: Meinklang / Loui Lukas

Der Markt rund um das österreichische Rindfleisch ist inzwischen ein bunter und reich an unterschiedlichen Fleischrinderrassen: Neben dem Limousin-Rind führen Rassen wie Charolais, Weißblaue Belgier, Schottisches Hochlandrind oder Black Angus die Hitparade an. Letzteres wird zum Beispiel beim Lurgbauer im steirischen St. Sebastian bereits seit Mitte der 90er-Jahre gehalten. „Damals hat mein Vater die Landwirtschaft vom Fleckvieh auf Angus umgestellt. Heute ist es aus meiner Küche nicht mehr wegzudenken“, sagt Max Leodolter. Zwischen sechs und sieben Ochsen verarbeitet Leodolter von „Nose to Tail“ für sein Restaurant jedes Jahr. Leodolter: „Das Angus besticht durch sein sehr kurzfaseriges und zartes Fleisch. Dazu kommt eine feine und ideale Marmorierung und ein kräftiger Geschmack.“

Die Qualität eines Rinds hängt von unterschiedlichen Faktoren ab: Rasse, Aufzucht, Futter, Schlachtalter, Schlachtung sowie vom Reifeprozess. Wir erleben hier zudem eine Trendwende, sagt Leodolter: „Rindfleisch muss nicht immer nur zart und gefällig sein. Es darf Biss haben und soll kräftig im Geschmack sein. Wir sind beim Rindfleisch dort, wo vor 25 Jahren der Weinbau stand. Hier ist es heute ganz selbstverständlich, dass ein Wein geprägt ist vom Terroir. Dieser Bezug zur Region und zum Boden wird auch beim Rindfleisch eine immer größere Rolle spielen.“

Dieser Meinung ist auch Christoph Haller. Der Tierarzt betreibt mit dem Bullinarium in Markt Allhau im Südburgenland eine der innovativsten Rinderzuchten Europas. Die Fütterung ist wesentlich, sagt Haller. „Es gibt nur zwei Möglichkeiten,wie man Geschmack in das Fleisch bekommen kann. Entweder durch die Verschiedenartigkeit der Fütterung oder über Geschmacksverstärker. Je einheitlicher die Fütterung ist, desto monotoner der Geschmack.“ Noch heute sei es Standard, dass Rinder vorrangig mit Getreide und Kraftfutter gefüttert werden, um das Wachstum rasch voranzutreiben. Die Tiere im Bullinarium dagegen werden mit unterschiedlichen Gräsern und mit Heu aus dem sogenannte „RAMSAR-Schutzgebiet“ an der Lafnitz gefüttert, dazu kommt zu einem geringen Anteil Sojakuchen, ein Produkt, das bei der Herstellung von Sojaöl abfällt. Haller betreibt seine Zucht als Kreislaufwirtschaft: „Meine Tiere sind im Laufstall auf Stroh gebettet, das jeden Tag gewechselt wird. Sie haben doppelt so viel Platz wie vorgeschrieben, und meine Mitarbeiter halten den direkten Kontakt zu den Bullen.“ Jeden Tag fallen an die 60 Tonnen Mist an, die wiederum in Strom und Wärme umgewandelt werden. Haller rechnet vor, dass er sein Fleisch nicht nur CO₂-neutral, sondern sogar klimapositiv produziert. Pro Kilogramm Fleisch werden rund fünf Kilogramm CO₂ reduziert. Durchschnittlich verursacht heimisches Rind übrigens „nur“ 14 Kilo CO₂ pro Kilo Fleisch.

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Familie Haller im größten Rinderstall Österreichs, wo die jungen Bullen auf natürliche Weise heran wachsen.

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An einem Platz: Restaurant mit 170 Sitzplätzen, eine Schau - und Erlebnisküche sowie ein Infotainment, das die nachhaltige landwirtschaftliche Kreislaufwirtschaft und artgerechte Tierhaltung erlebbar macht.

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Zwischen sechs und sieben Ochsen verarbeitet Max "Lurgbauer" Leodolter von „Nose to Tail“ für sein Restaurant jedes Jahr.

»Der Cut entscheidet über den Geschmack und die Zubereitungsart.«
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"Nachhaltigkeit, Regionalität und spezielle Cuts sind die Trends“, sagt Christof Widakovich, Küchendirektor der österreichischen El-Gaucho-Restaurants.

Nun hat er mit „Medium Rare“ ein Buch veröffentlicht, das sich der Liebe zum perfekten Steak widmet.

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